Gemeinsam in der Krise – warum die Corona-Krise ein kollektives Resilienz-Training ist
Die Zeiten sind gerade heftig. Wir sehnen uns nach unserem gewohnten Leben, nach sozialen Kontakten, nach einem Gefühl von Sicherheit und Planbarkeit. Wir wollen Selbstbestimmtheit statt einschränkenden Regeln. Kurz gesagt: es sollte anders sein, als es gerade ist. Genau das ist das Merkmal einer Krise. Neu daran ist, dass die Corona-Krise uns alle gemeinsam trifft. Krisen waren für die Nachkriegsgenerationen bislang individuelle Ereignisse, meist ausgelöst durch Schicksalsschläge wie Todesfälle, schwere Erkrankungen, Jobverluste oder Trennungen. Jeder, der mit solch einer persönlichen Krise konfrontiert wurde, musste lernen damit umzugehen. Menschen, denen dies gut gelingt, werden als resilient bezeichnet. Die Resilienz-Forschung bietet Antworten auf die Frage, was hilft, gut mit Krisen umzugehen. Sie zeigt auch, im besten Fall gelingt es sogar, an Krisen zu wachsen und persönlich zu reifen. In diesem Sinne kann die Corona-Krise im besten Fall als ein gemeinsames Resilienz-Training dienen.
Resilienz oder die Frage, was hilft, gut durch die Corona-Krise zu kommen?
Resilienz heißt, sich von den Umständen, und seien sie auch noch so widrig, nicht unterkriegen zu lassen. Resilienz ist kein Persönlichkeitsmerkmal. Sie basiert auf Einstellungen und Haltungen, die im Umgang mit einer Krise hilfreich sind. Diese Einstellungen werden auch als Resilienzfaktoren oder Resilienz-Schlüssel bezeichnet. Sie erfordern Reflexion und die Auseinandersetzung mit der Frage, wie kann ich persönlich mit der aktuellen Situation, so wie sie gerade für mich ist, gut umgehen.
Der Artikel bietet eine Zusammenfassung, wie die Resilienz-Faktoren in der Corona-Krise genutzt werden können:
Resilienzfaktor Akzeptanz: „Ich akzeptiere, was jetzt ist.“
Zentrales Merkmal einer Krise ist der Wunsch, es solle anders sein, als es gerade ist. Der erste Schritt, um gut mit der Krise umgehen zu können, ist, sich von diesem verständlichen, aber irrationalen Wunsch zu verabschieden. Dies erfordert, zu akzeptieren, dass es jetzt so ist, wie es eben ist. Wer das nicht schafft, investiert viel Energie in sinnlosen Widerstand.
„Wir können eine Sache nicht verändern, wenn wir sie nicht akzeptieren.“ sagte Carl-Gustav Jung dazu. Resiliente Menschen akzeptieren deshalb zunächst das momentan Unabänderliche. Das Gelassenheitsgebet von Reinhold Niebuhr bringt die Haltung der Akzeptanz auf den Punkt „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ (Mehr zu diesem Resilienzfaktor erfahren Sie hier….)
Resilienzfaktor Optimismus: „Trotz Herausforderungen und Schwierigkeiten bleibe ich zuversichtlich.“
Optimistisch und zuversichtlich bleiben in der Corona-Krise? Das ist nicht immer einfach. Die Resilienzforschung zeigt jedoch ganz klar: Menschen, die trotz widriger Umstände zuversichtlich bleiben, kommen besser durch eine Krise. Zuversicht gibt Kraft zum Handeln. Pessimismus hingegen wirkt entmutigend, führt zum Grübeln und macht damit eine schwere Zeit noch schwerer. Hoffnung bietet vielleicht auch der Gedanke, bislang ist jede Krise der Weltgeschichte - egal ob Pest oder Krieg - auch wieder vorbeigegangen. Es werden wieder bessere Zeiten kommen. Zwischenzeitlich können wir alles tun, was in unserer Macht steht, um in der Corona-Krise gut für uns selbst zu sorgen. Wir können den Blick darauf lenken, was trotz der Krise gut in unserem Leben ist. Das bewusste Praktizieren von Dankbarkeit gilt als eines der wirksamsten Mittel gegen Pessimismus. In dem Resilienz-Training[1], das Martin Seligman für die in Afghanistan stationierten Soldaten der US Army entwickelt hat, war ein Dankbarkeitstagebuch ein zentrales und sehr wirksames Element gegen aufkeimenden Pessimismus. (Mehr zu diesem Resilienzfaktor erfahren Sie hier….)
Resilienzfaktor Verantwortung übernehmen: „Ich verlasse die Opferrolle und übernehmen Verantwortung für meinen Einflussbereich.“
Die Opferrolle ist dadurch gekennzeichnet, dass andere für die Situation verantwortlich gemacht werden. Wer in der Opferrolle steckt, braucht Schuldige. Ein weiteres Merkmal der Opferrolle ist, dass viel darüber geredet wird, wie schlimm die Situation ist. In der Corona-Krise bieten die sozialen Medien die ideale Plattform, um gemeinsam in der Opferrolle zu schwelgen. Schimpfen und Anklagen mag kurzfristig entlastend wirken. Die Emotionen und Energien, die dadurch befeuert werden, dienen jedoch nicht gerade dem persönlichen Wohlbefinden. Sicherlich gibt es in der Corona-Krise einiges, über das man sich ärgern kann. Doch will ich damit meine Energie vergeuden? Der Dalai Lama hat es einmal so formuliert: „Wer anderen die Schuld gibt, wird viel leiden“. Resiliente Menschen fallen nicht in die Opferrolle, sondern nehmen bewusst die sogenannte „Gestalter-Haltung“ ein. Dabei lenken sie ihre Aufmerksamkeit bewusst auf ihren eigenen Einflussbereich und übernehmen hier Verantwortung. Sie konzentrieren sich dabei auf die Frage, wie kann ich aus der Situation, so wie sie jetzt gerade für mich ist, das Beste machen? Dann beginnen sie hier zu handeln.
(Mehr zu diesem Resilienzfaktor erfahren Sie hier….)
Resilienzfaktor Selbstwirksamkeit: „Ich glaube an mich und meine Fähigkeiten, mit den Herausforderungen umgehen zu können.“
Als Selbstwirksamkeit wird das Gefühl bezeichnet, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Laut dem Psychologen Albert Bandura führt die Selbstwirksamkeitserwartung dazu, dass wir ins Handeln kommen. Und nur, wer handelt, kann für sich persönlich etwas verbessern. Wer über Selbstwirksamkeit verfügt, macht auch in der Corona-Krise ganz konkrete Pläne und setzt sie proaktiv um. Ich kann nicht ins Fitnessstudio - wie kann ich dann zu Hause Sport betreiben? Meine gewohnten Freizeitaktivitäten sind eingeschränkt – wie nutze ich die Zeit stattdessen? Ich kann mich nicht mit meinen Freunden im Restaurant treffen – welche Möglichkeiten habe ich dennoch, um in Kontakt zu bleiben?
Resilienzfaktor Netzwerkorientierung: „Ich suche und nutze soziale Kontakte und Unterstützung von anderen.“
Einer der herausforderten Aspekte der Corona-Krise ist die Einschränkung der sozialen Kontakte. Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir brauchen Kontakt zu anderen für unser Wohlbefinden. Dabei ist die Qualität der sozialen Kontakte viel wichtiger als die Quantität. Die Zahl der WhatsApp oder Facebook-Kontakte hat wenig Einfluss auf das persönliche Wohlbefinden. Es braucht gute Gespräche, bei denen wir offen darüber reden können, wie wir uns fühlen. Der tiefgehende Austausch mit anderen stärkt uns in der Krise. Es tut gut, Leid, aber auch Freude, mit anderen teilen zu können. Wir spüren dann, wir sind nicht alleine. Schon dadurch, dass uns jemand zuhört, erfahren wir Rückhalt. Eine wichtige Frage, um gut durch die Krise zu kommen, ist deshalb: Wie kann ich für gute Gespräche mit anderen sorgen? Zum Telefon zu greifen, ein virtuelles Gespräch organisieren oder sich zu einem Spaziergang zu verabreden – diese Möglichkeiten bleiben auch in der Corona-Krise bestehen. Auch andere um Hilfe und Unterstützung bitten, ist in einer Krise wichtig. Wen kann ich fragen, ob er oder sie mir helfen kann? Die meisten Menschen helfen gerne. Wer merkt, ich komme alleine nicht weiter, kann sich auch professionelle Unterstützung suchen.
Resilienzfaktor Lösungsorientierung: „Ich konzentriere mich auf das Gute und Nützliche, und schaue bewusst nach Ressourcen, Lösungen und Fortschritten“
Resiliente Menschen konzentrieren ihr Denken, Reden und Handeln mehr auf das Haben als auf das Soll. Ihre Wahrnehmung und ihr Aufmerksamkeitsfokus sind auf Ressourcen und auf Möglichkeiten, statt auf Probleme ausgerichtet. Sie sind dabei ganz pragmatisch und realistisch: „O.K, die beste Lösung ist im Moment nicht möglich. Dann nehme ich die zweitbeste Lösung.“ Sie erwarten keine großen Durchbrüche, sondern nehmen auch kleine Fortschritte wahr. (Mehr zu diesem Resilienzfaktor erfahren Sie hier….)
Resilienzfaktor Zukunftsorientierung: „Ich konzentriere mich auf meine Ziele und auf das, was ich für mich erreichen will“
Wer Ziele hat, ist motiviert zu handeln und kann Energie mobilisieren. Resiliente Menschen setzen sich deshalb auch in Krisen Ziele. Was ist mir wirklich wichtig? Wo will ich jetzt vorankommen? Wie will ich diese Zeit nutzen? Auch, wenn uns die Corona-Krise beutelt, haben wir Einfluss darauf, wie wir mit der Krise umgehen. Eine hilfreiche Frage kann dabei auch sein: Nur mal angenommen, ich werde in ein paar Jahren auf diese Zeit zurückblicken, was will ich dann sehen? Wie will ich mit der Krise umgegangen sein? Wie habe ich für mich dann das Beste aus dieser Zeit gemacht? Wer auf diese Fragen Antworten findet und sie als Ziele und Meilensteine formuliert, weiß wofür sich sein Einsatz lohnt.
Viktor Frankl, Überlebender des Holocuast und Begründer der Logotherapie sagte „Die letzte der menschlichen Freiheiten besteht in der Wahl der Einstellung zu den Dingen.“
Auch, wenn die Corona-Krise uns mit Schwierigkeiten und Herausforderungen konfrontiert, wir können selbst entscheiden, welche Einstellung wir dazu wählen.
© Petra Weber, Heidelberg im März 2021
[1] Seligman, Martin: Flourish - Wie Menschen aufblühen: Die Positive Psychologie des gelingenden Lebens
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