Positive Gefühle schaffen Gesundheit, Kreativität und Resilienz
„Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein.“ sagte der Philosoph Voltaire bereits vor über 200 Jahren. Neue Forschungen der Psychologie und der Neuroimmunologie zeigen, dass unsere Stimmung tatsächlich großen Einfluss auf unser Stresserleben und auf unsere Gesundheit hat. Die Emotionsforscherin Barbara Fredrickson, Professorin an der University of North Carolina at Chapel Hill, konnte durch ihre Studien zeigen, wie stark eine positive Grundstimmung unser Leben beeinflusst[1]: Die guten Gefühle machen aufmerksamer, kreativer und produktiver, stressresistenter und gesünder. Menschen mit einer positiven Grundeinstellung verfügen laut Fredrickson auch über eine hohe Resilienz, d.h. sie sind gut gerüstet, um Krisen zu bewältigen.
Die Stimmungsbilanz ist entscheidend für das Wohlbefinden
Laut Fredrickson geht es allerdings nicht darum, negative Gefühle zu vermeiden. Sie sind wichtige Warnsignale und weisen darauf hin, wenn etwas für uns nicht stimmt. Ihre Forschungsarbeiten zeigen, wer die positiven Effekte nutzen will, braucht aber deutlich mehr gute wie schlechte Gefühle. Laut ihren Studien kommen bei einem Gefühlsquotienten von mindestens 3:1, d.h. bei dreimal mehr guten als schlechten Gefühlen, die positiven Effekte voll zum Tragen. Dabei unterscheidet sie zehn Formen von positiven Gefühlen, die sich in einer positiven Lebenseinstellung manifestieren: Freude, Dankbarkeit, Heiterkeit, Interesse, Hoffnung, Stolz, Vergnügen, Inspiration, Ehrfurcht und Liebe.
In guter Stimmung zu bleiben, ist gar nicht so leicht
Obwohl wir nichts lieber wollen, als uns wohlzufühlen und gut gelaunt zu sein, ist das gar nicht so einfach. Für unsere Jäger- und Sammlervorfahren war es überlebenswichtig, stets auf der Hut zu sein und Gefahren möglichst frühzeitig zu erkennen. So entwickelte sich ein „katastrophierendes Problemhirn“, das negative Dinge stärker wahrnimmt, sich länger damit befasst und sie besser in Erinnerung behält als die positiven Erlebnisse. Laut den Forschungen von Fredrickson liegt der Gefühlsquotient daher bei den meisten Menschen nur bei 2 zu 1. Doch über bloße Willenskraft, nach dem Motto „ich denke jetzt nur noch positiv“, lässt sich der Gefühlsquotient nicht verbessern. Fredrickson vergleicht die Umstellung der gewohnten Gedankenflüsse und der Grundstimmung mit dem Umlenken eines Flussbettes: es ist durchaus möglich, braucht jedoch Zeit und einen festen Willen. Doch ist dies eine Investition, die sich lohnt: „Wir müssen lernen, eine positive Lebenseinstellung als kluge und gesunde Investition in uns selbst zu sehen.“ Zum Einstieg empfiehlt Barbara Fredrickson eine Bestandsaufnahme des eigenen durchschnittlichen Gefühlsquotienten zu machen, so wie man eine Diät erst beginnt, wenn man das Ausgangsgewicht kennt. Auf ihrer Website www.PositivityRatio.com bietet sie dafür computergestützte Tools.
Der Gefühlsquotient lässt sich sowohl durch eine Verminderung von unangemessenen schlechten Gefühlen wie auch durch mehr bzw. stärkere gute Gefühle verbessern. Nachfolgend erhalten Sie einige Anregungen, wie Sie langfristig Ihren persönlichen Stimmungsquotienten erhöhen können und damit gleichzeitig Stress abbauen und resilienter werden:
Den negativen Gefühlsanteil senken und unangemessenen schlechten Gefühlen gegensteuern
Fakten prüfen: Negative Gedanken und negative Gefühle nähren und verstärken sich gegenseitig. Eine Methode, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, besteht darin, gegen das eigene negative Denken zu argumentieren. Unser „Problemhirn“ neigt zu schwarzmalenden Übertreibungen, Verallgemeinerungen und Fantasien, die gar nie eintreten. Wie ein guter Anwalt, der sich ausschließlich auf die Fakten konzentriert, kann man die negativen Gedankenspiralen hinterfragen: Kann ich wirklich sicher sein, dass dies wahr ist? Wird meine Befürchtung mit Sicherheit so eintreten? Ist das Problem jetzt in diesem Moment für mich relevant? Was sind die tatsächlichen momentanen Fakten?
Ablenkung durch Aktivitäten: Tätigkeiten helfen, auf andere Gedanken zu kommen, insbesondere, wenn sie volle Konzentration erfordern. Außerdem führt das Aktivsein selbst schon zu besseren Gefühlen. Wenn Sie bemerken, dass Sie in einem Stimmungstief hängen, hilft es, sich eine Tätigkeit zu suchen, die ablenkt.
Stimmungskiller meiden: Typische Stimmungskiller sind Vergleiche mit anderen, denen es besser geht oder mit Zeiten, in denen vermeintlich alles besser war. Auch das sich Ärgern über Dinge, auf die man keinen direkten Einfluss hat gehört dazu, wie z.B. das Wetter, die Politik oder das Verhalten anderer Menschen. Akzeptieren Sie stattdessen, was Sie nicht ändern können und beschäftigen Sie sich lieber mit der Frage, was Sie selbst tun können, damit Sie sich besser fühlen oder vorankommen. Achten Sie bei allen Aktivitäten, z.B. auch bei Ihrem Medienkonsum darauf, was Ihre Laune bessert oder was sie eher verschlechtert.
Den positiven Gefühlsanteil steigern und positive Stimmungen fördern
„Das Geheimnis besteht darin, die positive Stimmung nicht krampfhaft festzuhalten und ihre flüchtige Natur nicht zu leugnen. Stattdessen ist es sinnvoll, einfach häufiger positive Augenblicke in Ihr Leben zu integrieren“ empfiehlt Fredrickson. Dabei helfen u.a. folgende Methoden:
Bewegung: Bereits zehn Minuten zügiges Gehen verbessert die Laune. Bewegung ist ein einfaches und sehr wirksames Mittel, um Stress abzubauen und sich besser zu fühlen.
Dankbarkeit spüren: Sich immer wieder bewusst machen, für was man in seinem Leben alles dankbar sein kann, erhöht langfristig die Zufriedenheit. Besonders bewährt hat sich dabei ein Dankbarkeitstagebuch, in dem man täglich mindestens fünf Dinge notiert, für die man dankbar ist.
Bewusst genießen: Der Sozialpsychologe Prof. Fred Byrant von der Loyola-Universität in Chicago sieht die Fähigkeit, schöne Augenblicke und Freude bewusst zu genießen, als direkten Gegenspieler des Alltagstresses.[2] Nach seinen Forschungen fördert das bewusste Auskosten das Wohlbefinden, hilft Stress abzubauen und macht gesünder. Auskosten heißt, achtsam und mit voller Aufmerksamkeit wahrzunehmen, was im Moment gerade Gutes und Schönes geschieht.
Meditation: Viele Studien zeigen, dass Menschen, die regelmäßig meditieren, eine erheblich positivere Lebenseinstellung als andere haben. Fredrickson ließ ihre Probanden deshalb täglich die aus der buddhistischen Tradition stammende „Metta-Meditation der liebenden Güte durchführen“. Die Probanden konzentrierten sich dabei darauf, sich selbst und anderen Gutes zu wünschen. Nach drei Monaten hatte sich ihr Gefühlsquotient deutlich verbessert.
Autorin: Petra Weber, Coachingzentrum Heidelberg
[1]Barbara Fredrickson: Die Macht der guten Gefühle: Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. Campus Verlag. 2011
[2] „Moment mal!“ in Psychologie heute 07/2015
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