„Unser Gehirn ist nicht dafür gebaut, dauernd glücklich zu sein. Aber es ist süchtig danach, nach Glück zu streben" beschreibt der Gehirnforscher Manfred Spitzer das Dilemma, in dem wir stecken. Die Glücksbotenstoffe Serotonin, Endorphine, Oxytocin und Dopamin schaffen ein Hochgefühl, das wir immer wieder haben wollen. Kein Wunder, dass der Markt der Glücksratgeber boomt. Liegt das Glück wirklich in unserer Hand, wie die Glücksbücher suggerieren? Und sollen wir tatsächlich nach mehr Glück im Leben streben? Der Artikel zeigt, wo die Fallen auf dem Weg zum Glück liegen und wie wir dennoch mehr persönliche Zufriedenheit erreichen können.
Glück - das Bonusprogramm der Natur
Mit Glücksgefühlen belohnt uns die Natur. Wir bekommen sie als Geschenk, wenn wir uns weiterentwickeln oder wenn wir für unser Wohlbefinden sorgen. Erfolgsgefühle spürt, wer Schwierigkeiten gemeistert hat. Sie sind Lohn für geleistete und zugleich Anreiz für künftige Anstrengungen. Ist eine Aufgabe zu alltäglich oder zu leicht, stellen sie sich nicht ein. Auch, wenn etwas Erfreuliches unerwartet passiert, wenn wir Gemeinschaft mit anderen erfahren und wenn wir uns um unser körperliches Wohlergehen kümmern, fühlen wir uns gut. Ein warmes Bad, ein gutes Essen, ein Spaziergang in einer schönen Landschaft verbessern unsere Stimmung. Doch ein permanentes Glücksgefühl ist von der Natur nicht vorgesehen. Die Wirkung der Glückshormone lässt deshalb schnell wieder nach. Hätten wir uns als Jäger und Sammler in die Ecke gesetzt und andauernde Glücksgefühle genossen, wäre die Menschheit wahrscheinlich ausgestorben.
Zu viel Glück schadet
Dass ein ständiger Glückskick schädlich ist, zeigten bereits die Versuche von James Odd Ende der 50er Jahre an der University of Michigan. Er fand heraus, dass durch die elektrische Stimulation eines bestimmten Gehirnareals bei Ratten Glücksgefühle ausgelöst werden. Dann ermöglichte er den Laborratten per Knopfdruck, dieses Gehirnareal bei sich selbst zu stimulieren. Die Ratten wurden süchtig nach dem Kick. Sie drückten den Knopf ununterbrochen. An Nahrung, Sex und Schlaf verloren sie jegliches Interesse, bis sie vor Hunger, Durst und Erschöpfung fast gestorben wären. Auch die manische Hochstimmung ist kein erstrebenswerter Zustand. Die intensive Glücksstimmung der Maniker wird begleitet von hemmungslosem, unkritischem und asozialem Verhalten. Der Absturz in die Depression lässt meist nicht lange auf sich warten.
Wer ständig Glück sucht wird unglücklich
Die Willi-Hellpach-Schule in Heidelberg erregte großes Aufsehen, als sie das Schulfach Glück auf den Stundenplan setzte. Doch wurden die Schüler dadurch glücklicher? Eine begleitende Studie von Professor Wolfgang Knörzer von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg deutet eher auf das Gegenteil hin. Die Glücksschüler waren nach einem Jahr unglücklicher. Die Schüler waren mehr sensibilisiert und spürten deutlicher den Widerspruch zwischen ihren Wünschen und der Wirklichkeit.[1] Wer sich erhofft, ständig glücklich zu sein, der bemerkt umso mehr, wenn er es nicht ist. Je höher die Erwartungen, desto leichter werden sie enttäuscht. Wer unbedingt den perfekten Traumurlaub will, dem fallen schon Kleinigkeiten auf, die nicht stimmen. Sofort setzt dann Ärger ein. Wer hingegen keine allzu großen Erwartungen hat, kann positiv überrascht werden und sich darüber freuen.
Viele Glücksmomente werden nicht wahrgenommen
Wir bemerken manchmal nicht, dass wir gerade glücklich sind. In Momenten, in denen es uns gut geht, denken wir nicht nach, sondern genießen den Augenblick. Auch das Flow-Gefühl registriert unser Gehirn nicht. Flow - das völlige Aufgehen in einer Tätigkeit - bewirkt das Verschmelzen von Bewusstsein und Handlung. Wir erledigen dann eine Aufgabe hochkonzentriert, ohne an unser Glück zu denken.
In schlechten Gefühlen nicht kleben bleiben
Negative Gefühle sind wichtige Signale: Angst, Wut, Trauer und Schmerz zeigen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Schlechte Gefühle sollen uns zum Handeln anregen. Dies ist ihr biologischer Zweck. Die unguten Gefühle spüren wir daher intensiver als die angenehmen. Sie werden auch leichter ausgelöst. Ärger macht sich schneller breit als Glücksgefühle. Werden die damit verbundenen Gedanken immer wieder wiederholt, landen wir in einer Grübelfalle. Wie so eine „Problemtrance“ entsteht, beschreibt Paul Watzlawick in seinem Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ und führt damit vor Augen, wie wir uns völlig unnötigerweise häufig selbst unglücklich machen. Aus solchen Grübelspiralen auszusteigen und sich nicht in zermürbenden Zukunftsfantasien zu verrennen, ist schon ein großer Schritt in Richtung von mehr Zufriedenheit.
An den Herausforderungen des Lebens wachsen
Das Leben ist kein Ponyhof. Es hält immer wieder Herausforderungen, Krisen und Schwierigkeiten bereit. Krankheit, Trennung oder Arbeitsplatzverlust sind Schicksalsschläge, die fordern. Doch gerade die gemeisterten Krisen zeigen sich rückblickend häufig als Quellen persönlichen Wachstums. Auch die Resilienzforschung beweist, resilient – also stark und widerstandsfähig - wird nur, wer Schwierigkeiten bewältigt. So steckt in jeder Krise auch immer die Chance, persönlich reifer und stärker zu werden. Im Schlaraffenland, wo die Tauben in den Mund fliegen, ist keine Entwicklung möglich. Auch mit den Glücksgefühlen ist es dort bald wieder vorbei: An das Gute gewöhnt sich unser Gehirn schnell und bereits der heilige Thomas von Aquin wusste: „Trägheit macht traurig“.
Glück durch Charakter
„Die Sättigungsgrenzen für Status oder Spaß sind schnell erreicht“ sagt Willibald Ruch, Professor für Persönlichkeitspsychologie an der Universität Zürich. Ein gutes und geglücktes Leben entstehe durch „charakterliche Stärke, die ein sinnvolles und engagiertes Leben schafft“2]. Nach seinen Forschungsergebnissen sind es fünf Charakterstärken, die Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht oder Kultur zufrieden machen: Dankbarkeit, Hoffnung, Begeisterung (Enthusiasmus), Bindung und Neugier. Diese Stärken können nach Ruch trainiert und entwickelt werden. Werden sie ergänzt durch Humor und Ausdauer, sind sie eine gute Basis für ein zufriedenes Leben.
Am meisten zum Thema Glück und Zufriedenheit hat der Amerikaner Edward F. Diener geforscht. Als Fazit aus 25 jähriger Forschungstätigkeit formuliert er seine Empfehlung für mehr Glück und Zufriedenheit so: „Eine Aufgabe, in der wir uns kompetent fühlen, enge soziale Bindungen zu anderen Menschen, immer wieder mal was Neues im Leben und eine Prise Spiritualität.“
Mit Coachings und Seminaren fördern die Coachs und Trainer des Coachingzentrums Heidelberg die persönlichen Stärken und Fähigkeiten, die Resilienz und mehr persönliche Zufriedenheit schaffen.
Autorin: Petra Weber, solutio plus Coachingzentrum Heidelberg,
[1] DIE ZEIT; 29.11.2011: „Die Honigdusche“
[2] Psychologie heute 4/ 2009 „Glück ist Charaktersache“
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